- Österreichische Nationalbibliothek
- >
- Online Ausstellungen
- >
- Online Ausstellungen
- >
- Tonspuren der Heimat
- >
- Volksliedersingen in Salzburg
Volksliedersingen in Salzburg
Volksliedersingen in Salzburg
Übersicht
- Volksliedarrangements für’s „Metzgerquartett“. 4. Volksliedersingen der RAVAG in Tamsweg, 18. August 1935
- Ein „altes Soldatenlied“ als „echtes deutsches Volkslied“. 4. Volksliedersingen der RAVAG in Tamsweg, 18. August 1935
- Das „liebe Zwischenspiel in Ischl“ – Der „Konkurrenzkampf“ um die Volkslieder-Wettsingen 1934
Volksliedarrangements für’s „Metzgerquartett“
4. Volksliedersingen der RAVAG in Tamsweg, 18. August 1935
Autor: Wolfgang Dreier-Andres
„Wir sind schon in den dreißiger Jahren jede Woche am Sonntag irgendwo aufs Land gefahren und haben dort einen Volksmusikabend gehabt. Da ist der Otto Eberhard auch immer mit uns gekommen. Meine Mama Christl und der Hubert Grabner, die haben miteinander immer im Duett gesungen, und der Josef Pommer und der Reiser, gemeinsam mit dem Grabner und dem Peyer Franz waren der 1. Salzburger Volkslied-Vierklang.“
Grete Fagerer-Reiser
So erinnert sich die 2021 verstorbene Stieftochter des bekannten Volksmusikanten Tobi Reiser (1907–1974), Grete Fagerer-Reiser in einem 2010 geführten Interview von Roswitha Meikl und Wolfgang Dreier-Andres an die Salzburger Volksliedpflege der 1930er-Jahre. Eine Schlüsselrolle spielte damals der von ihr erwähnte Lehrer Otto Eberhard (1875–1960). Als Salzburgs eifrigster Volksliedsammler hatte er sich der Vermittlung von Volksliedern verschrieben. Beim Touristen-Geselligkeits-Club Alpinia, dessen Singgruppe er leitete, schlug Anfang der 1930er-Jahre der junge Metzgergeselle Tobi Reiser auf. Dessen Frau Christl Schlögl war begeisterte Sängerin und ebenfalls Mitglied der Alpinia. Mit ihr und ihrem Sohn aus erster Ehe, Josef („Pepi“) Schlögl sang und musizierte Reiser sehr viel, auch ein Viergesang war bald auf die Beine gestellt. Dieser trug zwar den offiziellen Namen 1. Salzburger Volkslied-Vierklang, unter der Hand allerdings sprach man, da die Sänger allesamt den Fleischhauerberuf erlernt hatten, vom „Metzgerquartett“.

Porträt des Salzburger Volkslied-Viergesang.
- ÖN 14-(4)-4, F 01 AÖV.

- ÖN 14-(4)-4, F 01 AÖV.
Porträt des Salzburger Volkslied-Viergesang.

Porträt des Salzburger Volkslied-Viergesang, Rückseite.
- ÖN 14-(4)-4, F 01 AÖV.

- ÖN 14-(4)-4, F 01 AÖV.
Porträt des Salzburger Volkslied-Viergesang, Rückseite.

Pepi Schlögl spielt Hölzernes Glachter, im Hintergrund Tobi Reiser an der Gitarre.
- ÖN 14-(4)-4, F 02 AÖV.

- ÖN 14-(4)-4, F 02 AÖV.
Pepi Schlögl spielt Hölzernes Glachter, im Hintergrund Tobi Reiser an der Gitarre.

Der von Tobi Reiser ausgefüllte Fragebogen für die Auftritte seines Viergesangs, seiner Frau und seines Stiefsohns.
- ÖN 14-(4)-4,2-3 AÖV.

- ÖN 14-(4)-4,2-3 AÖV.
Der von Tobi Reiser ausgefüllte Fragebogen für die Auftritte seines Viergesangs, seiner Frau und seines Stiefsohns.
Um das Repertoire seiner „Fleischhauer“ kümmerte sich Otto Eberhard persönlich – aus seinen Volksliedsammlungen arrangierte er viele Lieder im vierstimmigen Satz, darunter auch zwei für das Volkslieder-Wettsingen in Tamsweg. Im oben erwähnten Duett mit Hubert Grabner sang Christl Schlögl in Tamsweg das Lied „Bin i a frischer Wildbratschütz“, aufgezeichnet von Eberhard 1934 in Walserberg, vorgesungen vom Kainzbauer Sebastian Berger. Für sein „Metzgerquartett“ arrangierte er für Tamsweg das Lied vom Schildhahn („Und im Långs då håb i hålt im Tål koa Ruah“), das ihm wiederum 1934 Gastwirt Berger aus Gois und Walburga Berger, Ramelbäurin in Wals vorgesungen hatten. Zwischen diesen beiden Liedern begleitete übrigens Reiser seinen Stiefsohn Pepi, der auf dem „Hölzernen Glachter“ spielte, auf der Gitarre – wohl die früheste Aufnahme von Reisers Gitarrenspiel überhaupt und eines der wenigen Instrumentalstücke, die im Rahmen der Volksliedersingen aufgezeichnet wurden.
Hubert Grabner und Christl Schlögl singen „Bin i a frischer Wildbratschütz“. PhAÖAW D13747/c (RAVAG Matrizen-Nr. 1150).
Der „1. Salzburger Volkslied-Vierklang“ sang in Tamsweg „Und im Långs då håb i hålt im Tål koa Ruah“. PhAÖAW D13747/a (RAVAG Matrizen-Nr. 1150).
Pepi Schlögl spielt auf dem „Hölzernen Glachter“ und Tobi Reiser auf der Gitarre. PhAÖAW D13747/b (RAVAG Matrizen-Nr. 1150).
Aufgrund von technischen Problemen am 18. August 1935 wurden die Aufnahmen auf drei Folgetermine an unterschiedlichen Salzburger Orten verschoben. Die Platte mit der Aufnahme D13747 (Slg. Kotek Nr. 28) wurde am 25. August 1935 in Salzburg aufgenommen.
Ein „altes Soldatenlied“ als „echtes deutsches Volkslied“
4. Volksliedersingen der RAVAG in Tamsweg, 18. August 1935
Autor: Wolfgang Dreier-Andres
Das Procedere sämtlicher Volkslieder-Wettsingen sah vor, dass die Teilnehmer*innen bzw. Bewerber*innen ihre Lieder im Vorhinein einzusenden hatten. So wollte man sichergehen, dass nur, wie es in den Teilnahme-Bedingungen zum „4. Volksliedersingen der RAVAG in Tamsweg“ 1935 heißt, „echte deutsche Volkslieder und Jodler“ zum Vortrag kämen – welches Repertoire man darunter beispielhaft verstand, konnten Interessent*innen einer auf Wunsch ausgefolgten Liste entnehmen.
Die Herren Ludwig Sturmayr und Fritz Steffler vom Trachtenverein Seekirchen sendeten damals insgesamt vier Titel zur Begutachtung ein: „Von der Hohenalm auf die Niederalm“ und „Zwei schneeweiße Täuberl“ sowie die zwei Soldatenlieder „Bei St. Luzia an der Kirchhofsmauer“ und „Heit Kameraden, werd’s hoaß hergehn“. Die ersteren beiden Lieder mussten im Jahr 1935 bereits als im Kanon der traditionellen Volkslieder etabliert gelten, immerhin finden sie sich zu dieser Zeit bereits in vielen handschriftlichen und gedruckten Liedsammlungen und Feldforschungsaufzeichnungen der Volksliedsammler. Sehr sonderbar mutet es daher an, dass das Duo nicht eines dieser beiden Lieder, sondern lediglich das vom Moderator als „altes Soldatenlied“ angekündigte „Heit Kameraden, werd’s hoaß hergehn“ zum Vortrag bringen durfte.
Das Lied wurde 1916 in der Roman-Beilage des „Salzburger Volksblattes“ veröffentlicht und stammt vom bereits 1884 verstorbenen Hugo Graf Lamberg und dem Chorleiter Karl Wendl (1868–1952). Die Melodie dieses Liedes zeichnet sich durch einen schreitenden Rhythmus mit häufigen, an Trompetensignale erinnernden Quartsprüngen aus.
Die beiden Vorsänger allerdings sangen es ganz einfach auf die Melodie des bekannten „Gamsjagerliedes“ „Schützen, heit miass ma ins Gamsgebirg geh“, das auf Anton Schosser (1801–1849) zurückgehen dürfte und ganz Österreich verbreitet war (Beispiel) . Auf dieselbe Melodie wurde auch das ebenfalls in ganz Österreich verbreitete Lied von den „Schwarzkerschn“ oft gesungen (Beispiel 1 und Beispiel 2).
Das Soldatenlied „Heit Kameraden, werd’s hoaß hergehn“, gesungen von Ludwig Sturmayr und Fritz Steffler vom Trachtenverein Seekirchen. PhAÖAW D13748/b (RAVAG Matrizen-Nr. 1151).